„Wie gelingt ressourcenschonende Landwirtschaft“?
Zu dieser spannenden Fragestellung kamen ca. 130 Interessierte am 21.10. in den Rathaussaal nach Weikersheim und zeigten so, wie wichtig dieses Thema ist. Eingeladen hatten hierzu das Klimanetzwerk Main-Tauber-Kreis, BUND Creglingen, Klimastammtisch Weikersheim, Klimaarbeitskreis Lauda-K. und die Mitmach-Region. Als Referenten waren geladen Waldemar Hein von der bubenlohe GbR. und Stefan Schwarzer, der zwei Jahrzehnte lang beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen arbeitete. Er lebt auf Gut Tempelhof, wo er „Aufbauende Landwirtschaft” praktiziert und in Workshops vertieft. Ganz aktuell, Mitte Oktober wurde er für sein Buch „Aufbäumen gegen die Dürre“ gemeinsam mit Ute Scheub in Berlin mit dem Umweltmedienpreis 2024 ausgezeichnet.
Er zeigte auf, wie Pflanzen durch Verdunstung Wolken bilden und den „Regen machen“ und somit das Klima schützen. Ein großer Baum etwa verdunstet 400 Liter Wasser pro Tag und kühlt damit seine Umgebung. Dies entspricht der Wirkkraft von ca. 10 Klimaanlagen. Vegetation schafft durch aufsteigende Verdunstung Regen (70% des Regens an Land entsteht auf diese Weise) und Kühlung. Wenn bei Sonneneinstrahlung auf Asphalt 49 Grad gemessen wurde, waren es im Wald 29 Grad. Andererseits wird durch fehlende Vegetation nicht nur Klimaerwärmung, sondern auch Trockenheit und Dürre gefördert. Falsche Landnutzungsmaßnahmen wie großflächige Abholzung und Versiegelung sind neben der Erderwärmung gleichermaßen verantwortlich für Dürren und Trockenperioden. Die positive Seite dabei ist, man kann etwas tun: Aufforstung von (Brach-)Flächen haben Kühlkapazitäten bis zu 3,5 Grad.
Auch unser Umgang mit Wasser muss sich ändern, so Schwarzer. Durch den schnellen Abfluss von Wasser in den Gräben und in der Kanalisation hat Deutschland bereits Wasser entsprechend der Menge des Bodensees verloren. Wasser sollte zurückgehalten werden und nur langsam abfließen. Stefan Schwarzer zeigte Beispiele auf: die Aufforstung von Laubwald, der deutlich mehr Wasser speichert als Fichtenforst. Die Vernässung von Feuchtwiesen und die Regulierung der Abflüsse von Gräben und Drainagen über Schieber, um bei Trockenheit das Wasser zu halten und bei zu viel Wasser zu entwässern. (Praktiziert wird dies bereits im Nachbarlandkreis Ansbach, wo solche Kulturwehre angelegt sind.) Andere Beispiele waren das Anlegen kleiner Rückstaubecken und die Förderung von Auen, was gleichermaßen gegen Trockenheit und Fluten wirke. Die umstrittenen Biber, super Wasseringenieure, kämen hinzu.
Schwarzer sieht in der Landwirtschaft großes Potential: Humusaufbau und Förderung der regenerativen Landwirtschaft, da bessere Böden Nährstoffe binden und mehr Wasser speichern könne; große Fruchtfolge und weniger Düngung; die Bodenlast reduzieren, minimale Bodenbearbeitung, Zwischenfrüchte säen und Tiere auf den Feldern integrieren (holistisches Weidemanagement). Weiter gelte es, Moore zu erhalten oder wieder zu vernässen, Waldumbau voran zu treiben, „Schwammstädte“ und grüne Gebäude fördern sowie mehr Bäume und Grünflachen anzulegen und keine Neubaugebiete in Auen auszuweisen. Er sieht dies als gesellschaftliche Aufgabe. Nicht nur die Landwirtschaft dürfe hierfür in die Verantwortung genommen werden. Die Transformation beginnt im Boden!
Im Anschluss sprach Waldemar Hein. Er sieht ebenso die gesellschaftliche Aufgabe fürVeränderung. Er berichtete wie die bubenlohe GbR. entstand und sich sein Betrieb von intensiver Tierhaltung zu einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinemast weiterentwickelt hat. Die Region habe keine ertragskonstanten Böden und es brauche deshalbdie Nutztiere, um eine stabile Einkommensstruktur zu erzielen. Gerade Neubronn habe eine geringe Humusauflage. Die Vegetation ist früher und somit kommt auch die Trockenheit früher. Sie haben sich deshalb für neue Kulturen und für breite Fruchtfolgen entschieden. Kichererbsen sind zwar herausfordernd und manchmal erleide man auch Schiffbruch, dennoch können sie gut mit Silomais, mit Hirse und auch Dinkel ergänzt werden. Er setzt auf ganzjährigen Bewuchs. Sie machen für ihren Betrieb ein Risikomanagement und stabilisieren ihre Preise durch Kontrakte. Die verringerte Bodenbearbeitung sieht er als Spagat, da dadurch oft mehr Herbizide benötigt werden. Zwischenfrüchte bringen Wurzelmasse und beleben den Boden. Agroforst empfindet er schwierig, da Landwirte auf Effizienz angewiesen seien. Für ihn ist gesunder Boden essentiell und Grundlage des guten Arbeitens. Wir müssen das Bewusstsein wecken – dies ist eine Aufgabe die Alle betrifft!
Zu fortgeschrittener Stunde gingen beide Referenten noch auf die Fragen des Publikums ein. Ein Aspekt lag auf regenerativer Landwirtschaft und Ausbau von Bioprodukten. Weiters wurden Resilienz und Lebensqualität der Gesellschaft sowie gesunde Ernährung, wertvolle Lebensmittel und das Einkaufsverhalten der Konsumenten aufgegriffen. Wurden 1960 noch 38 Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben, seien es heute nur noch 15 Prozent.
Ein Resümee dieses spannenden und gelungenen Informationsabends:
Es gibt neben der Einsparung von CO2 und den anderen bekannten Klimagasen ein weiteres Instrument gegen den Klimawandel. Dies ist der Umgang mit Wasser und Boden.
Die Renaturierung von Böden, Wäldern, Flüssen und Mooren verbessert die Speicherfähigkeit von Treibhausgasen und senkt die Temperaturen. Humusaufbau und Wasserrückhaltung im Boden sind die Schlüssel dafür. Betont wurde der Stellenwert der Bäume mit ihrer beeindruckenden Kühlwirkung und der Erzeugung riesiger Wasserflüsse, die kühlende Wolken bilden und Niederschläge bringen.
Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Sobald sie online steht, wird hier darauf verwiesen.